Dr. Uwe Wieczorek, Kurator Hilti Art Foundation, und Michael Hilti, Präsident Hilti Art Foundation, Foto: Eddy Risch

„Kunst aus rein spekulativen Gründen zu kaufen, ist mir zutiefst zuwider.“

Interview mit Michael Hilti

Als Student konnte er sich nur Poster leisten, inzwischen sind es wertvolle Kunstwerke, die Michael Hilti und seine Familie für die Hilti Art Foundation erwerben. Bis heute umfasst die Kunstsammlung rund 200 Gemälde, Skulpturen und Objekte, von denen ab 23. Mai 2015 in Vaduz 50 ausgewählte Werke in einer Ausstellung gezeigt werden. Aus diesem Anlass verrät der 68-jährige Liechtensteiner im Interview unter anderem, wie er selbst Zugang zur modernen Kunst findet, welche Kriterien beim Kauf neuer Werke ausschlaggebend sind, und warum sich auch schon ganz junge Menschen mit Kunst beschäftigen sollten. Das Foto zeigt Michael Hilti (rechts) mit Dr. Uwe Wieczorek, Kurator Hilti Art Foundation.

Herr Hilti, seit wann interessieren Sie sich für bildende Kunst?

Eigentlich schon recht früh. Als Student habe ich aus Budget- gründen vor allem Poster gekauft und nach dem Studium in London mein erstes Ölbild. Da ich mich auch sehr für Ge- schichte interessiere, war die bildende Kunst nicht weit weg.

Wie äusserte sich dieses Interesse an der Kunst?

Indem man mit Kunst lebt und sich damit auseinandersetzt. Dazu gehören viele spontane Galeriebesuche und natürlich auch Besuche von Museen und Kunstausstellungen. All dies aber nicht sehr regelmässig, sondern immer dann, wenn gerade Zeit vorhanden war.

Spielte bildende Kunst auch in Ihrem Elternhaus schon eine wichtige Rolle?

Ja, sicher. Meine Eltern haben sich mit Kunst umgeben und immer wieder mal ein Werk gekauft. Das prägt schon – zumindest war es bei mir so.

Gerade moderne Kunst erschliesst sich dem Betrachter oft nicht auf Anhieb. Wie finden Sie einen Zugang zu den Werken?

Das ist eine Herausforderung, die sich jedem Betrachter moderner Kunst stellt. Und es gibt viele Werke, zu denen ich gar keinen Zugang finde. Aber das ist nicht schlimm, denn man hat ja seine eigenen Präferenzen. Zugang findet man sicher über die Zeit und die Erfahrungen als Sammler, so kaufe ich heute auch Werke, die ich vor 20 Jahren nie gekauft hätte. Das Auge des Sammlers ist lernfähig. Was ausserdem sehr hilfreich sein kann, ist der direkte persönliche Kontakt und der Dialog mit dem Künstler.

Wie oft besuchen Sie heutzutage Museen oder Kunstausstellungen?

Das ist recht unterschiedlich. Es gibt intensive Zeiten, wenn ich zum Beispiel auf der Biennale in Venedig bin. Und es gibt weniger intensive Phasen, wenn das Geschäftliche Vorrang hat. Ich habe das nie miteinander verbunden.

Wer entscheidet darüber, welche Kunstwerke für die Sammlung der Hilti Art Foundation erworben werden sollen?

Was die Sammlung der Hilti Art Foundation betrifft, gibt es eine klare Strategie, welche Kunst aus welcher Zeitperiode und von welchen Künstlern für die Sammlung von Interesse ist. Die Qualität der Werke spielt natürlich eine ganz besonders wichtige Rolle, und es müssen auch Werke sein, mit denen wir uns identifizieren können – also mit ihnen leben wollen.
Die Entscheidung liegt letztlich bei unserem Kunstbeirat, in dem Fachleute sitzen. Und wenn keine Übereinstimmung herrscht, dann wird ein Werk auch nicht gekauft.

Wer bezahlt die Kunstwerke – die Hilti Art Foundation oder die Privatperson Michael Hilti?

Da gibt es eine klare Trennung. Werke, die für die Familiensammlung bestimmt sind, bezahlt der Familientrust. Dafür haben wir auch ein jährliches Budget, denn die Sammlung wird weiter ausgebaut. Was meine Werke betrifft, die ebenfalls unter der Hilti Art Foundation ausgestellt werden, kaufe und bezahle ich diese natürlich selbst. Das hat zur Folge, dass ich in meiner Auswahl ein wenig freier bin.
Grundsätzlich erwerbe ich nur Werke, die mir und meist auch meiner Frau gefallen. Wir entscheiden uns also ausschliesslich für Kunstwerke, von denen wir beide und unsere Tochter gerne umgeben sind. Kunst aus rein spekulativen Gründen zu kaufen, ist mir zutiefst zuwider.

In dem neuen Ausstellungsgebäude gibt es ein Atelier, das der Kunstvermittlung für alle Altersstufen Raum geben soll. Warum sollten sich Kinder und Jugendliche mit bildender Kunst beschäftigen?

Kunst ist immer ein Zeugnis der Kultur, in der wir leben. Sie ist aber auch unmittelbarer Ausdruck unserer Gesellschaft. Deshalb ist es wichtig, dass gerade auch Jugendliche sich mit bildender Kunst beschäftigen.
Besteht die Möglichkeit, von dem Künstler den Hintergrund seines Werkes oder seine Gedanken dazu vermittelt zu bekommen, sind das immer sehr gute Erfahrungen. Es sind Erfahrungen, die den Blick weiten und uns ein Sehen lehren, das in unserer digitalen Welt leider immer mehr verloren geht.

Die Kunstsammlung der Hilti Art Foundation umfasst rund 200 Werke, 50 davon werden nun ausgestellt. Betrachten Sie auch die anderen 150 regelmässig, um sich daran zu erfreuen?

Das ist leider nur bedingt möglich, da sich die Werke an verschiedenen Standorten befinden und teilweise auch an Museen verliehen sind. Ich besuche aber die einzelnen Depots und ändere periodisch die Hängung sowohl in meinem Haus als auch im Büro. Wie gesagt, mit Kunst soll man leben und das ist bei Kunst im Tresor schlecht möglich.

Was wünschen Sie der Ausstellung, die jetzt bis Oktober 2016 gezeigt wird?

Natürlich wünsche ich mir, dass sich möglichst viele Besucher an den Werken erfreuen und unsere Begeisterung teilen. Es wäre auch schön, wenn Besucher mehrmals kommen würden, denn viele Werke erschliessen sich nicht auf den ersten Blick. Ausserdem kann dadurch eine gewisse emotionale Bindung zu einzelnen Kunstwerken entstehen. Die Menschen gehen ja nicht zuletzt deswegen in ein Museum, weil sie ein bestimmtes Werk wiedersehen wollen. Darüber hinaus hoffe ich, dass das Wechselspiel zwischen den Ausstellungen der Hilti Art Founda- tion und denen des Kunstmuseum Liechtenstein eine gute Symbiose ergibt.

Ein Blick in die Zukunft: Werden für die kommende Ausstellung, also nach Oktober 2016, alle Bilder ausgetauscht oder nur ein Teil davon?

Da haben wir unserem Kurator sehr freie Hand gelassen. Das Kernstück unserer Sammlung, die klassische Moderne, wird immer den Schwerpunkt bilden. Darum herum werden sich dann entsprechend die Ausstellungsthemen ergeben. Es ist sicher verständlich, dass es immer das Ziel sein muss, die Aus- stellung so interessant und inspirierend wie möglich zu gestalten und den Blick zu weiten. Das kann dann den Austausch von vielen Werken bedeuten, aber ebenso auch nur den von wenigen. Lassen wir uns überraschen.

 

Bildrechte Dr. Uwe Wieczorekund Michael Hilti: Eddy Risch

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Von am 24.05.2015 unter Destinationen, Events & Veranstaltungen veröffentlicht.