Barrierefreie Anreise – Unterwegs mit Rollstuhl

Barrierefreiheit in Flugzeug, Bahn und Bus

Bereits die Anreise in den Urlaub kann für Personen mit Behinderung schwierig sein. Doch mit einer durchdachten Planung und gründlichen Vorbereitung erleben auch Schwerbehinderte und ihre Begleitpersonen einen komplikationslosen Urlaub. Im nachfolgenden Artikel finden Sie Informationen und Tipps für eine einfache, barrierefrei ausgerichtete Anreise in den Urlaub. Eine Checkliste mit einer Übersicht der wichtigsten Hinweise für Barrierefreiheit auf Reisen können Sie hier herunterladen.

Hier erfahren Sie unter anderem, dass

  • Sie als Schwerbehinderter unter Umständen günstig oder gar kostenlos reisen können.
  • die Situation der Barrierefreiheit bei Fernbussen noch sehr unübersichtlich ist.
  • Sie durch frühzeitige Kommunikation mit der Airline Unterstützung bei Flügen erhalten.
  • Ihnen der Mobilitätsservice der Deutschen Bahn weiterhelfen kann.

Barrierefreiheit auf Reisen: Allgemeine Tipps für die Anreise

Generell gilt, dass offene Kommunikation und Planung im Vorfeld sehr wichtig sind. Sprechen Sie vorher mit Ihrem Arzt über die Reise, damit er Sie über mögliche Risiken und notwendige Vorkehrungen aufklären kann. Bereiten Sie ein Dokument mit ärztlichen Informationen über Ihre Krankheit vor, in dem auch Ansprechpartner und Kontaktdaten für weitere Auskünfte vermerkt sind. Damit vermeiden Sie Probleme bei Sicherheitskontrollen und verfügen zudem im Notfall über wichtige Informationen. Medikamente sollten Sie originalverpackt im Handgepäck mitführen. Für einige verschreibungspflichtige Medikamente, wie Morphium, ist es wichtig, dass Sie ein ärztliches Attest dabeihaben. Prüfen Sie außerdem, wo Sie vor Ort im Notfall Ersatz bekommen.

Wenn Sie Ihren Urlaub über ein Reisebüro buchen, sollten Sie auch dort ausführlich über Ihre Bedürfnisse und Einschränkungen Auskunft geben. Erkundigen Sie sich im Reisebüro über Barrierefreiheit der Unterkunft, Versorgungsmöglichkeiten während des Urlaubs sowie nach den Kontaktdaten potenzieller Ansprechpartner. Wenn Sie auf bestimmte Geräte angewiesen sind, klären Sie im Vorfeld ab, wo bei Bedarf Ersatz oder Reparatur möglich ist. Schließen Sie bei Reisen ins Ausland eine Auslandskrankversicherung ab und versichern Sie Ihre Hilfsmittel für den Transport. Fluglinien beispielsweise erstatten zwar eine Pauschale bei Beschädigung bzw. Verlust, diese könnte aber nicht ausreichend sein.

Barrierefrei anreisen mit der Deutschen Bahn

Der erste Ansprechpartner für Gehbehinderte bei Reisen mit der Bahn ist die Mobilitätsservice-Zentrale der Deutschen Bahn. Bereits bei der Buchung können Sie diesen Service in Anspruch nehmen, um Auskunft über für Sie günstige Zugverbindungen zu erhalten. Konkret heißt das: Möglichst wenige Umstiege mit ausreichend langen Umsteigezeiten! Außerdem steht Ihnen das Bahn-Servicepersonal für den Ein- und Ausstieg zur Verfügung. Wenn Sie Unterstützung benötigen, sollten Sie die Bahn über den Mobilitätsservice mindestens einen Tag vor Antritt der Reise bis 20 Uhr per Telefon, Fax oder übers Internet in Kenntnis setzen.

Barrierefreiheit am Bahnhof: Fahrgast im Rollstuhl wird mit einer Hebebühne in den ICE befördert.

Der Mobilitätsservice garantiert Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer.

Damit Sie sich mit dem Rollstuhl barrierefrei in den Zügen der Deutschen Bahn bewegen können, darf dieser die Maße von 125 x 80 cm nicht überschreiten. Das heißt, ein der Norm ISO 7193 entsprechender Rollstuhl kann in sämtlichen seit 1984 gebauten Zügen befördert werden. Die Tür- bzw. Gangbreite beträgt beim Zugang zum Schwerbehindertenabteil mindestens 80 cm, in rollstuhlgerechten Gängen mindestens 85 cm. An behindertengerechten Bahnhöfen gibt es prinzipiell Rollstuhlhubgeräte, die den internationalen Standards entsprechen. Die Plattformgröße entspricht 120 x 80 cm, sie weisen eine Tragkraft von 250-350 kg auf.

Unbeschwerte Beförderung mit der Bahn

Schwerbehinderte mit den Merkzeichen G, aG oder GI können für 80 Euro eine ganzjährig gültige Wertmarke kaufen. Diese ermöglicht es Ihnen, sämtliche Regionalzüge (Kürzel S, RB, RE und IRE), S-Bahnen und den ÖPNV gratis zu nutzen. Unter Umständen können Sie die Wertmarke auch kostenlos beziehen. Nähere Informationen dazu finden Sie z. B. hier. Rollstühle, Blindenhunde und orthopädische Hilfsmittel befördert die Bahn grundsätzlich ohne Aufpreis.

Fernverkehrszüge mit dem Kürzel IC, ICE, CE können in der Regel nicht kostenfrei genutzt werden. Falls Sie diese nutzen wollen, erhalten Sie gegen Vorlage Ihres Schwerbehindertenausweises Rabatte auf die Bahncard 25 bzw. 50. Auf normale Tickets gibt es keine Ermäßigung. Der Grad der Behinderung muss für die Freifahrt mindestens 70% entsprechen. Einige wenige Fernverkehrszüge bilden allerdings die Ausnahme und Schwerbehinderte können diese mit der Wertmarke kostenfrei nutzen. Welche das sind, können Sie hier nachlesen.

Barrierefrei anreisen im Fernbus

Besonders die sehr beliebt gewordenen Fernbusse stellen mittlerweile eine kostengünstige Alternative für Langstrecken dar. Leider ist die Barrierefreiheit in Fernbussen noch nicht flächendeckend gewährleistet. Zwar müssen sämtliche ab dem 1. Januar 2016 neu gekauften Fahrzeuge barrierefrei sein, jedoch gilt eine dreijährige Übergangsfrist für Altbestände.

Das bedeutet in der Praxis, Sie müssen den jeweiligen Anbieter vorher kontaktieren und nachfragen – teilweise mehrere Tage im Voraus! Momentan herrscht noch großes Durcheinander auf dem Markt. Sämtliche Fernbusfirmen zeigen sich bemüht, schnell Lösungen zu finden. Sie bauen die Busse schrittweise um und schulen ihr Personal für den Umgang mit Behinderten. Zudem können Schwerbehinderte häufig von hohen Rabatten profitieren; notwendige Begleitpersonen und Blindenhunde reisen zudem kostenfrei mit.

Wenn Rollstuhlplätze vorhanden sind, müssen diese oft bestimmte DIN-Normen erfüllen, um mitgenommen werden zu können. Konkret handelt es sich dabei um die DIN 75078, die Knotenpunkte zur Befestigung vorsieht. Alternativ gilt auch die Herstellerfreigabe nach DIN EN 12183 oder DIN EN 12184. Bis 2020 müsste die Lage aber deutlich übersichtlicher sein. Zuletzt sollten Sie auch berücksichtigen, dass nicht alle Haltestellen barrierefrei sind und Ihre Anreise dementsprechend planen.

Doppeldecker eignen sich für barrierefreies Reisen

Ein Sonderfall sind die sogenannten IC-Busse der Deutschen Bahn: Diese gibt es in einer einstöckigen und einer doppelstöckigen Variante. Die einstöckigen Busse haben keine separaten Rollstuhlplätze. Der Fahrgast muss ohne Hilfe des Fahrers in einen der vorhandenen Sitzplätze umsteigen und bis zu drei Stufen überwinden können.

Wesentlich einfacher haben Rollstuhlfahrer es in den doppelstöckigen Bussen, da diese über Rollstuhlplätze verfügen. Der Busfahrer assistiert beim Einstieg mit Hilfe einer Rampe, wobei der Rollstuhl die Maße von 75 cm Breite x 130 cm Länge nicht überschreiten darf.

Hilfsmittel, die im Gepäckraum transportiert werden, dürfen zusammengefaltet nicht größer als 120 cm lang, 35 cm breit, 109 cm hoch und 25 kg schwer sein. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, bis 20 Uhr am Vortag den Mobilitätsservice der deutschen Bahn zu kontaktieren.

Barrierefrei anreisen mit dem Flugzeug

Personen mit eingeschränkter Mobilität genießen Beförderungsrecht, dieses ist durch eine EU-Verordnung geregelt. Das heißt, dass weder Fluggesellschaften noch Flughafenbetreiber Sie als Passagier ablehnen dürfen. Zudem haben Sie Anspruch auf kostenfreie Unterstützung vom Check-In bis zur Ankunft. Damit Ihnen diese gewährt werden kann, sollten Sie mindestens 48 Stunden vor Antritt der Reise die Fluggesellschaft informieren. Sie erhalten unter anderem Hilfe beim Gepäcktransport, bei der Pass- und Sicherheitskontrolle sowie einen Abhol-und Bring-Service zwischen Bahnhof und Flughafen. Wollen Sie hingegen von zu Hause abgeholt werden, müssen Sie eine externe Firma damit beauftragen.

Barrierefrei Fliegen: Mobile Rollstuhlrampe am Flugzeug

Auch am Flughafen wird für Barrierefreiheit gesorgt.

Benötigen Sie besondere Unterstützung, sollten Sie außerdem ärztliche Unterlagen einreichen. Wenn Sie auf einen Rollstuhl angewiesen sind, müssen Sie obendrein klären, ob Sie diesen verwenden dürfen oder einen von der Fluglinie gestellten nutzen müssen. Ihr eigener wird dennoch kostenfrei transportiert. Bei elektrischen Rollstühlen mit Gel- und Trockenbatterien müssen für den Transport die Pole der Batterie abgeklebt werden, um Kurzschlüsse zu vermeiden. Rollstühle mit nicht auslaufsicheren Nassbatterien werden von manchen Airlines nicht befördert. Allgemein transportieren Fluggesellschaften notwendige Hilfsmittel kostenfrei, wollen aber im Vorfeld darüber informiert werden.

Mit dem Rollstuhl im Flugzeug

Auch menschliche Grundbedürfnisse können auf langen Reisen zum Problem werden. Sie sollten sich daher bei den Fluggesellschaften darüber informieren, inwiefern die vorhandenen Toiletten behindertengerecht gestaltet sind. Einige Fluggesellschaften garantieren derartige Einrichtungen auf Langstreckenflügen. Normalerweise verfügen Langstreckenflieger über einen Bordrollstuhl, mit dem Sie die Sanitäranlagen nutzen können. Wenn Sie jedoch Hilfe auf der Toilette benötigen, müssen Sie eine Begleitperson mitbringen. Auf Kurzstrecken und Inlandsflügen ist diese Angelegenheit problematischer. Informieren Sie sich bitte vor Reiseantritt bei der Fluggesellschaft.

Es gibt international definierte Standards für den Grad der Behinderung, die Sie bei Auslandsflügen kennen sollten:

  • WCHC – Wheel Chair Carry. Passagier reist im eigenen Rollstuhl und benötigt grundsätzlich fremde Hilfe, kann aber in einem regulären Flugzeugsitz sitzen.
  • WCHS – Wheel Chair Steps. Der Passagier kann keine Treppen steigen, aber kurze Strecken zu Fuß bewältigen. Er benötigt keine fremde Hilfe.
  • WCHR – Wheel Chair Ramp. Der Passagier kann etwas längere Strecken laufen, Treppen steigen, ist nicht auf fremde Hilfe angewiesen, benötigt für lange Wege aber seinen Rollstuhl.

 

Als Rollstuhlfahrer erhalten Sie bei Verkehrsunternehmen umfangreiche Hilfe, wenn Sie sich vor Reiseantritt darum kümmern. Dazu ist es wichtig, die Unternehmen frühzeitig zu informieren und zudem ehrlich über Ihre Einschränkungen Auskunft zu geben. Jedes Transportunternehmen hat geschulte Mitarbeiter, denen Sie vertrauen können und die Sie gerne unterstützen. Die wichtigsten Informationen dieses Ratgebers finden Sie noch einmal hier in einer Checkliste für barrierefreie Reisen zum Download.

Die wichtigsten Quellen im Überblick:

 

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Von am 20.12.2017 unter Hotel und Reise veröffentlicht.