Köln Guide – Wo Kölsche Lebensart noch authentisch ist

Drinkste ene met?

Auch wenn Köln hauptsächlich wegen seines nicht zu übersehenden Doms und seines sinnbildlich gewordenen Karneval bekannt ist, gibt es durchaus auch noch andere Möglichkeiten, die rheinische Domstadt von ihrer wahrhaft Kölschen Seite kennenzulernen – nämlich dem immer aktuellen Jrundjesetz folgend bei dem ein oder anderen Kölsch aus den heimischen Brauereien.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Braukultur und Tradition seit mehr als 700 Jahren, dafür stehen das Kölsch und seine Hersteller
  • Köln erleben heißt Kölsch erleben – und zwar in Sprache und Glas, denn beide sind untrennbar miteinander verbunden.
  • Kölsche Kultur ist herzlich, aber bisweilen gewöhnungsbedürftig. Das gilt für die Bewirtung durch den „Köbes“ genauso wie für nicht ganz ernstgemeinte Bezeichnungen lokaler Speisespezialitäten.
  • Leute und Stadt kennenlernen, das geht am besten dort, wo auch die Kölner selbst anzutreffen sind. Daher empfiehlt sich ein Besuch der zahlreichen Brauhäuser.

 

Kölsch – ein lokales Nationalgetränk

Es spricht vom Kölschen Selbstbewusstsein, dass eine einzelne Stadt über ein eigenes Nationalgetränk verfügt. Was wiederum nachvollziehbar ist, denn das Kölsch ist – neben der Sprache – eines der unverwechselbaren und einzigartigen Merkmale der Domstadt. Beide sind gleichermaßen Teil und Prägestempel der Kultur der Rheinmetropole und genau deshalb werden sie von den Kölnern so hoch in Ehren gehalten. Umso mehr, als das Kölsch seit nunmehr 20 Jahren in einer Reihe mit europäischen Regionalspezialitäten von internationalem Rang steht – der Einstufung als europaweit geschützte geografische Angabe durch die Europäische Kommission sei Dank.

Von den Anfängen der Kölschen Brautradition bis zur Kölsch-Konvention hat es gut und gerne 700 Jahre gedauert. Viel Zeit also, in der das Bier sich nicht nur zu seiner heutigen Darreichungsform wandeln konnte, sondern genauso, um mit der Geschichte und dem Wesen der Stadt zu verwachsen. Nach Deutschem Reinheitsgebot wird es seit etwas über 500 Jahren gebraut, seit 1985 steht außerdem unumstößlich fest, dass sich nur ein nach diesem Gebot hergestelltes helles, hochvergorenes, hopfenbetontes, blankes obergäriges Vollbier wirklich Kölsch nennen darf.

Junge Frau hält lächelnd ein Glas Kölsch.

Trotz Großbrauereien mit ihren untergärigen Bieren und den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs konnten sich die Kölsch-Brauereien in ihrer angestammten Heimat durchsetzen, selbst wenn sie zahlenmäßig deutlich hinter den Hochzeiten der Hausbrauereien zurückbleiben. Für jährlich knapp 4 Millionen Hektoliter Kölsch und einen Marktanteil von 90 Prozent in Köln und Umgebung reicht es aber allemal.

Verständigungsprobleme? Bist du jeck?

So besonders das Kölsch in seiner Art und seinem Geschmack ist, so besonders – um nicht zu sagen eigenwillig – ist es als Sprache. Da beide aufs Engste miteinander verbunden sind, setzt der Genuss des Bieres eine wenigstens rudimentäre Auseinandersetzung mit der Sprache voraus. Kommunikationsschwierigkeiten stellen zwar grundsätzlich kein großes Problem dar, denn der Köbes weiß für gewöhnlich nur allzu gut, was seine Gäste brauchen und versorgt sie mit rheinischer Herzlichkeit (und Direktheit) – an Stangen, Kränzen und Halven Hähnen dürfte es daher nicht mangeln. Trotzdem schadet es nicht, die Grundbegriffe rund ums Kölsch-Trinken zu beherrschen.

Das Personal

Der Köbes ist, ganz banal gesprochen, der Brauhaus-Kellner, die Bezeichnung ist eine Abwandlung von „Jakob“. Zu erkennen ist er nach wie vor an seiner langen Schürze, der blauen Strickjacke – und seinem Mundwerk. Darauf sollten sich die Gäste unbedingt einstellen. Der Umgangston des Köbes könnte sonst allzu leicht als frech aufgefasst werden und Widerworte kommen gar nicht gut an. In Kölns Brauhäusern ist nicht der Kunde, sondern der Köbes König. Unterstützt wird der übrigens vom wichtigsten Mann hinter der Theke, dem „Zappes“, der die Zapfhähne bedient.

Das Handwerkszeug

Als „Entschädigung“ bringt der Köbes dafür ohne Unterlass das Kölsch. Stangenweise oder bei größerer Besucherzahl am Tisch im Kranz. Letzterer ist das traditionelle runde Tragewerkzeug, in dem zwischen 10 und 15 Stangen – das sind die typischen schlanken Kölsch-Gläser – Platz finden.

„Ohne Unterlass“ ist übrigens wörtlich zu verstehen. Es braucht in den Kölner Brauhäusern keine Bestellung, der verantwortliche Köbes liefert den Nachschub unaufgefordert. Er hört damit erst auf, wenn er das notwendige Signal erhält, traditionellerweise ist das der Bierdeckel auf dem Glas. Bis dahin muss – oder darf – weitergetrunken werden.

Junge Menschen stoßen mit Kölsch-Gläsern an.

Die Kulinarik

Das ist vergleichsweise einfach zu verinnerlichen, mehr Anlass für Missverständnisse bestehen bei den Kölschen Köstlichkeiten, die auf den Tellern landen. Der Kölner kann nämlich recht kreativ in der Bezeichnung seiner kulinarischen Erzeugnisse sein.

  • Um sowohl dem Gaumen als auch dem Magen derlei Überraschungen zu ersparen, an dieser Stelle noch einmal der Hinweis darauf, dass in den Brauhäusern Köln die halben Brathähnchen eben nicht als „Halver Hahn“ serviert werden – hierbei handelt es sich vielmehr um ein Röggelchen (also ein Roggenbrötchen) mit mittelaltem Gouda („Kies“), saurer Gurke, Senf („Mostert“), bisweilen Zwiebelringen („Öllich“) und einer Prise Paprikapulver.
  • Beim „Kölschen Kaviar“ gibt es statt Gouda – nein, nichts vom Stör – ein ordentliches Stück Blutwurst zum Röggelchen. Wer sich, wenn schon nicht als Kölsche Jung, dann doch zumindest als weitestgehend Eingeweihter in die Sitten und Gebräuche der Domstadt erweisen möchte, sollte nach Möglichkeit um den feinen Unterschied zwischen Blutwurst und dem theoretisch namensgleichen regionalen Produkt wissen. In der Landessprache wird die Unterscheidung leichter, da es mit „Blotwoosch“ und „Flönz“ zwei Begriffe gibt.

 

Auf Probier-Tour durch die Stadt am Rhing

Insgesamt 27 Kölsch-Brauereien lassen sich über das gesamte Stadtgebiet verteilt finden, die meisten direkt im Innenstadtbereich. Zu den wenigen Ausreißern im „Umland“ auch Ehrenfelds einzige und zugleich Kölns kleinste Brauerei. Die Erzeugnisse von Helios Kölsch lassen sich in der gemütlichen „Braustelle“ probieren – was besonders für die experimentierfreudigeren Kölsch-Trinker lohnenswert sein könnte, denn hier gibt es nicht nur klassische Biere, sondern auch exotischere Varianten zu entdecken.

Kartografie mit den bekanntesten Brauhäusern der Kölner Altstadt.

Andernorts geht es dahingehend etwas traditioneller zu, „geknubbelt“ wird sich allerdings überall. Die Brauhäuser sind schließlich nicht nur bei auswärtigen Gästen sehr beliebt und ohne die ungezwungene Atmosphäre und das enge Beisammensitzen wäre kein echter Kölsch-Genuss denkbar. All das wiederum lässt sich in den verschiedenen Brauhäusern finden.

 

Cölner Hofbräuhaus: Früh Kölsch

Wer kennt sie nicht, die selbstbewussten, aber stets mit einem Augenzwinkern versehenen Früh Kölsch-Werbungen, die neben der eigenen Klasse und der Kölschen Lebensweise auch gerne mal die altbekannte Rivalität zu den Düsseldorfern zelebrieren? Das Cölner Hofbräu Früh war ursprünglich in der Nachbarschaft zum Dom angesiedelt, wo es 1904 als Hausbrauerei Am Hof 12 den Betrieb aufnahm.

Seither sind Privatbrauerei und das Brauhaus „Früh am Dom“ in Familienhand, mittlerweile in der fünften Generation und präsentieren sich in der Nähe zum bekannten Heinzelmännchenbrunnen zwischen traditionell und modern. Das gilt für das Bier wie für das Essen und ebenso für die Unterkunft, die müde gewordenen Kölsch-Testern mit dem angeschlossenen Hotel zur Verfügung steht. Und sollte hier mal kein Zimmer frei sein dann findet sich sicher hier eins.

Cölner Hofbräu P. Josef Früh KG
Am Hof 12-18
50667 Köln
www.frueh.de

 

Tradition am Eigelstein: Gaffel Kölsch

Ohne große Überraschung lässt sich feststellen, dass das Gaffel Kölsch eine weit zurückreichende Tradition hat. Die Adresse Eigelstein 41 steht bereits seit 1302 für Kölner Braukunst, unter dem Namen Gaffel wurde das Bier hier allerdings erst seit 1908 gezapft. Die Gebrüder Becker kauften in diesem Jahr die Braustelle, die Brauerei wurde umgetauft in „In der Gaffel“. Damit begann eine überaus erfolgreiche Geschichte, inzwischen kann Gaffel Kölsch einen Marktanteil von etwa 30 Prozent vorweisen.

Entsprechend wird auch beim Ausschank nicht gekleckert, das „Gaffel am Dom“ ist das modernste Brauhaus in Köln, inklusive Fassbierkeller und Domblick. Der spendet für Sommerbesuchern auch gleich den Schatten für den Außenbereich und sorgt so dafür, dass noch mehr Köln-Erlebnis fast nicht möglich ist.

Gaffel am Dom
Bahnhofsvorplatz 1
50667 Köln
www.gaffelamdom.de

 

Hausbrauerei im Friesenviertel: Päffgen Kölsch

Das Friesenviertel von Köln lockt seine Besucher mit der Aussicht auf ein ausgesucht reichhaltiges und verschiedenartiges Gastronomieangebot und das lebendige Nachtleben. Damit hat sich das Viertel vom ehemaligen Rotlichtbezirk erfolgreich zur beliebten Partyadresse in der Stadt gemausert, die Wandlung selbst hin zu einem attraktiven und modernen Anziehungspunkt rund um den Friesenplatz wird sogar noch weiter getrieben.

Als historische Wegmarke sind Brauhaus und Brauerei Päffgen erhalten geblieben. Seit 1883 wird hier Kölsch gebraut und ausgeschenkt, der Familienbetrieb ist damit Kölns älteste Hausbrauerei. Die Räumlichkeiten des Brauhauses zeugen von dieser langen Geschichte und die urig-gemütliche Ausstattung überrascht mit so manchem Hinweis auf frühere Tage – etwa die teilweise immer noch hochklappbaren Tische, die bis in die 50er Jahre hinein den Pferdegespannen mit dem Malz den Weg durch die Schänke verstellt hätten. Ein weiterer, wenn auch nicht der wichtigste Grund, um in der Friesenstraße vorbeizuschauen.

Brauerei Päffgen GmbH & Co. KG
Friesenstraße 64-66
50670 Köln
www.paeffgen-koelsch.de

 

Ein Kölscher Jungspund: Hellers Kölsch

Verglichen mit vielen der übrigen Kölsch-Brauereien ist das Hellers Kölsch in der Tat ein Jungspund: Gegründet wurde die Brauerei 1991, von Anfang unter der Prämisse, Bier in Bio-Qualität herzustellen – und dabei ist es bis heute geblieben. Daher sind alle Biere aus der Brauerei Heller – von denen es inzwischen eine beachtliche Auswahl, auch über das klassische Kölsch hinaus, gibt – mit dem Bio-Siegel versehen.

Von der Qualität können sich Besucher im Brauhaus überzeugen, mitten im „Kwartier Latäng“, dem Studentenviertel um die Zülpicher Straße. Dabei lässt sich ebenfalls die ganze Bandbreite zwischen traditionsbewusster und zeitgenössischer Gastronomie erfahren. Als Absacker, sofern gewünscht, steht dann noch der hauseigene Kräuterlikör Kallendresser bereit.

HELLERS Brauhaus
Roonstraße 33
50674 Köln
www.hellers.koeln

 

Haus Kölscher Brautradition: Dom Kölsch

Das Haus Kölscher Brautradition vereint eigentlich verschiedene Marken unter seinem Dach, zum Brau-Haushalt gehören deshalb ebenso das Sion, das Gilden, das Peters und das Sester Kölsch. Der prominenteste Mitbewohner dürfte trotz allem das Dom Kölsch sein, das – sehr zum Erstaunen der traditionsverbundenen Kölner – nach über 100 Jahren 2016 sein Erscheinungsbild zu einem goldgerahmten Rot wandelte.

Im Grunde genommen kann darin der logische nächste Schritt betrachtet werden, die Marke wieder neu zu erfinden. Zwischen den Anfängen 1894 und dem Verkauf an die Radeberger Gruppe 2013 stand eine recht wechselvolle Geschichte mit Besitzer- und Standortwechseln, mit einem Verkauf des ursprünglichen Produktionsgeländes an der Tacitusstraße und am Ende sogar der Schließung des zwischenzeitlich bezogenen Areals in der Kölner Südstadt. Womit nicht nur ein Stück Kölsche Industriegeschichte, sondern mit dem angegliederten Brauereimuseum generell ein Stück Geschichte verloren ging. Umso erfreulicher daher, dass das Dom Kölsch trotz aller Widrigkeiten weiterhin produziert wird und Kölnern wie Besuchern damit erhalten bleibt.

Haus Kölscher Brautradition GmbH
Bergisch Gladbacher Straße 116-134
51065 Köln
www.domkoelsch.de

 

Zusammenfassung

Es gibt sicher viele Möglichkeiten, Köln kennenzulernen. Beim Karneval etwa. Oder beim klassischen Sightseeing. Oder man lernt tatsächlich die Kölsche Lebensart kennen und dazu gehört neben der rheinischen Herzlichkeit und der Sprache eben ganz ohne Zweifel das Nationalgetränk der Stadt. Deshalb gibt es wahrscheinlich keine bessere Gelegenheit, mit der letztlich doch vielschichtigen, zwischen Tradition und Zukunftsoffenheit, Kölschen Kultur – und nicht zu vergessen den Menschen – in Kontakt zu kommen, als in den Brauhäusern, die all dies auf sich vereinen. Weiter Informationen finden sich im Köln-Guide.

 

Bildnachweise

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  • Bild 3: fotolia.com © Syda Productions
  • Bild 4: Hintergrund Grafik: fotolia.com © Knut Hebstreit

 

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Von am 7.04.2017 unter Destinationen veröffentlicht.